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Um
des jungen Volkes willen
- Swing, Rock, DJ
Culture und Luthers Vision vom Gemeindegesang
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©
für das Manuskript bei Heinz-Peter Katlewski, 1996.
Hyperlinks
sollten aktuell sein. Bei fehlerhaften oder toten
URLs bitte ich um ein kurzes E-Mail mit Hinweis auf die
entsprechende Seite und den Link. Danke. |
Links
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für
Saarländischer Rundfunk SR 2 "Thema: Musik"
Dienstag, 29. Oktober 1996, 18:00 - 18:30 Uhr
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Teil
1
(von 4) |
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Musik
1 a
(Halleluja
Mega-Night in Berlin, 31.05.96)
((kurz
aufblenden, dann absenken unter den O-Ton)) |
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O-Ton
1 (Halleluja Mega-Night in Berlin, 31.05.96)
Pfarrer Hamann: Im Psalm 98
heißt es „Singet dem Herrn ein neues Lied“.
Wir können doch in der Kirche nicht immer das alte Lied singen. |
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((wieder
hochziehen, kurz stehen lassen))
Musik
1 b
(Halleluja
Mega-Night in Berlin, 31.05.96)
((langsam
unter der Moderation rausziehen)) |
Bernd-Jürgen
Hamann*) ist Jugendpfarrer in Berlin-Charlottenburg an der Evangelischen
Luisenkirche . Mit seiner Jungen Gemeinde wagte er Ende Mai einen bis
dahin einmaligen Versuch. Er lud für einen späten Freitagabend zu einem
gottesdienstlichen Fest: einer Halleluja-Mega-Night. Dazu holte er Sounds
einer Musik in die Kirche, die sich selbst vor allem als ein Spaß
versteht und stolz darauf ist, keine Botschaft zu haben: Techno. Eine
Musik, moduliert aus den Bits und Bytes eines Computerspeichers.
O-Ton
2 (Pfarrer Bernd-Jürgen Hamann)
Im Psalm 150 werden alle Instrumente aufgezählt, die am
Jerusalemer Tempel notwendig waren, um das Gotteslob erklingen zu
lassen: die Harfen, die Zimbeln, die Pauken, die Trompeten, die
Hörner, ja sogar die Hackbretter werden da genannt. Zu diesen
Tempelinstrumenten ist inzwischen die Orgel hinzugekommen, ist
inzwischen das kammermusikalische Kirchenorchester hinzugekommen.
Dazu ist inzwischen längst der Synthesizer und die E-Gitarre
gekommen. Und das Gotteslob wäre unvollkommen, wenn nun nicht
auch der Techno-Sound dazukommt, um das Gotteslob vollständig zu
machen. |
Die
stolze Parole der Techno-Pioniere vor einigen Jahren, endlich ein
Popgenre erfunden zu haben, das keine Botschaft hat, wenden
Pfarrer Hamann und seine Junge Gemeinde im Gespräch mit der
Berliner Techno-Szene in ein Manko: Ihr habt die Sounds, aber
keine Botschaft. Wir dagegen haben eine Botschaft. Einige DJs -
sie gestalten den Sound-Mix in den Techno-Clubs - ließen sich überzeugen.
Sie fanden das Kooperationsangebot reizvoll und spielten mit beim
neuen Lied. |
Musik
2
Singet
dem Herrn ein neues Lied,
auf: Motettenchor und Bachorchester Pforzheim, Johann-Sebastian
Bach
„Singet dem Herrn ein neues Lied“, Meidaphon Green Label MED
75.106
((langsam
rausziehen)) |
„Singet dem Herrn ein
neues Lied“. Vor 270 Jahren war es solche kunstvolle Musik, die das Volk
in die Kirchen lockte. Für welchen Anlass der Kantor der Leipziger
Thomaskirche, Johann-Sebastian Bach, diese Motette schrieb ist unbekannt.
Das Thema aber hat er vier Jahre später wieder aufgegriffen und zu einer
stolzen Kantate ausgearbeitet: 1730, zum 200. Jahrestag der ersten offiziellen
Verkündung des lutherischen Bekenntnisses auf dem Reichstag zu Augsburg,
der Confessio Augustana.
Mit dem Aufkommen des
Neu-Luthertums im 19. Jahrhundert, vor allem aber seit der
Veröffentlichung des Bach’schen Gesamtwerks im Jahre 1850 - also
hundert Jahre nach seinem Tod - erlangt Johann-Sebastian Bach bei
Kirchenmusikern und Theologen den Ruf, das Vorbild schlechthin zu sein
für eine evangelische Kirchenmusik im Geiste Martin Luthers:
Musik 3
Glocken
der Stadtkirche Wittenberg,
auf: Chor- und Orgelmusik
aus der Stadtkirche St.Marien zu Wittenberg,
Wittenberger Kantorei DIRE C 206
((nach 15 Sekunden langsam in den Text
rausziehen))
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Kirchenglocken
der Stadtkirche St.Marien zu Wittenberg. Fast 35 Jahre lang lebt Martin
Luther in Wittenberg - von 1511 an bis zu seinem Tode vor 450 Jahren.
Die Stadtkirche ist in dieser Zeit seine bevorzugte Predigtstätte. Im
Oktober 1525 führt der Reformator hier die deutsche Messe ein -
zu-nächst versuchsweise, ab Weihnachten dann endgültig. Nicht als
einzig mögliche Form Gottesdienst zu feiern, aber doch als ein
Musterbeispiel, das Schule machen sollte. Bis dahin wurde in allen
Gotteshäusern die Messe in Latein gelesen. Die Gläubigen damals - im
ausgehenden Mittelalter - ahnten vielleicht etwas von der Weihe der
Handlung. Abgesehen von der Predigt verstanden sie aber kaum, was da im
Altarraum vor sich ging. Die gesamte Liturgie fand in einer für sie
fremden Sprache statt. Auch der Gesang. Er war ohnehin eine Sache der
Geistlichen, der Chorherren. Und die sangen lateinisch: gregorianische
Choräle:
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Musik 4
Introitus
„Spiritus Domini“
zum Fest Pfingsten aus der Benediktiner-Abtei Solesmes,
auf: Hans Conrad Zander,
Der Gregorianische Choral - Zwischen Kirche und Disco
Patmos 9 783491 910010
((nach 20 Sekunden runterziehen bis „unverständlich“
unterlegen))
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Solche
Klänge faszinieren heute sogar Menschen, die mit Kirche und
Religion sonst nichts zu tun haben wollen. Sie lassen sich in den
Bann ziehen von einer diffusen spirituellen Atmosphäre. Die Texte
freilich entfalten damit noch keine Bedeutung. Sie bleiben
unverständlich. Solche Distanz ist heute freiwillig. Doch zu
Luthers Zeiten hatte die Geistlichkeit das Monopol auf Wissen. Die
Gläubigen hatten dazu kaum Zugang. Von der christlichen Lehre wussten
sie deshalb wenig mehr als ihnen volkstümliche Legenden erzählten.
Dieses Verständnis von Priesterschaft ist Martin Luther ein Dorn im
Auge. Er predigt: Das Evangelium hat allen Gläubigen die
Priesterschaft übertragen. Und: Zwischen dem Kirchenvolk und Gott
ist kein Mittler notwendig. Die Pfarrer haben nur Gottes Wort zu
verkündigen und die Bibel auszulegen. Dazu müssen sie die Ohren
und die Herzen der Menschen erreichen. Nicht zuletzt mit Musik und
Gesang. 1526, in seiner Vorrede zur Deutschen Messe sagt Luther
deshalb, für wen diese neue Kirchenordnung gut ist - für die
jungen Leute!
*)
Pfarrer Bernd-Jürgen Hamann starb am
9. Juni 2004 im Alter von 62 Jahren an den Folgen eines
Autounfalls. Ein
Nachruf
ist auf der Nachrichtenseite der "Michael Köhn Musikprojekte"-Homepage zu
finden. |
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