O-Ton
1 (Martin Schmucker, Fraunhofer Institut Darmstadt)
Jeder Musiker weiß eigentlich, wie häufig das vorkommt, dass
jemand privat oder für irgendwelche Aufführungen Musiknoten
kopiert. Ich denke , die Anzahl der Kopien, die im Umlauf sind ist
deutlich höher wie die Anzahl der Originale.
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Martin
Schmucker ist selbst kein Musiker. Er ist Informatiker und arbeitet am Darmstädter
Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung. Er und
einige seiner Kollegen nehmen Teil an einem von der Europäischen
Kommission geförderten internationalen Forschungsprojekt mit dem etwas
irreführenden Namen „Wedelmusic“. Es ist eine Abkürzung und steht für
WEbDELivering of MUSIC scores – also die Auslieferung von
Musikpartituren über das Internet: digitale Notensätze, die Menschen
lesen und spielen können und digitale Klangsätze aus Nullen und Einsen,
die nur CD-Player identifizieren und in Musik umsetzen können. Ihre
Aufgabe ist es, dafür eine Art Wasserzeichen zu entwickeln. Musik und
Noten sollen künftig mit einem Copyright-Vermerk versehen sein:
O-Ton
2 (Michael Arnold, Fraunhofer Institut Darmstadt)
Sie können das sehen in Analogie zu ner Banknote, wo man das schon
kennt. Es ist die Einbettung einer zusätzlichen Markierung, die
untrennbar mit dem eigentlichen Datensatz verbunden ist. Bei Musikstück
ist es so vorzustellen, dass sie natürlich diese Musik nicht hören
sollen. Das heißt, sie muss so eingebracht sein, dass das markierte
Musikstück vom Original nicht zu unterscheiden ist. Und sie sollte nur
von berechtigten Personen gelesen werden können. Das heißt, sie müssen
sowohl bei dem Einbringen eines solchen Wasserzeichens als auch bei der
Detektion ein Geheimnis verwenden, dass Sie sozusagen als Urheber
identifiziert |
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Auch
Michael Arnold ist Mitarbeiter beim Fraunhofer Institut im südhessischen
Darmstadt.
Mit
digitalen Markierungen auf Bildern gibt es bereits seit längerem Erfahrungen.
Hier hat man sich nun daran gewagt, Klangdateien so zu kennzeichnen, dass das
Wasserzeichen im Klang aufgehoben ist, und trotzdem – jedenfalls solange die
Musik nicht auf ein analoges Medium: ein Tonband oder eine Musikkassette überspielt
wird – jederzeit präzise zu identifizieren ist. Ein kurzes Beispiel aus dem
Frühlings-Allegro von Vivaldis Vier Jahreszeiten. So klingt das unmarkierte
Original:
Atmo
1
(Original – Demonstration)
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Jetzt
das gleiche Stück noch einmal, nur mit einem musikalischen Wasserzeichen
versehen :
Atmo
2
(Original plus Wasserzeichen – Demonstration) |
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Den
Unterschied festzustellen, dürfte nicht leicht sein. Aber es gibt ihn. Das
Wasserzeichen ist hörbar, jedenfalls wenn man es mit dem entsprechenden Schlüssel
isoliert. Der folgende Klang wurde allerdings erheblich verstärkt, damit er über
das Radio überhaupt wahrzunehmen ist. Er begleitet die Originalmelodie in
Frequenzbereichen, die bei der Umwandlung in eine Internet-typische MP3-Datei
nicht weggeschnitten werden:
Atmo
3
(Nur Wasserzeichen – Demonstration) |
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O-Ton
3 (Michael Arnold, Fraunhofer Institut Darmstadt)
Es sind Signale, die hinzugefügt werden. Das sollte natürlich
nicht hörbar sein, ansonsten würde es der Benutzer natürlich
nicht akzeptieren, weil eben das Originalsignal verfälscht werde.
Und zum Zweiten hätte das natürlich zur Folge, dass sie damit
implizit eine Lokalisierung des Signals in den Originaldaten hätten.
Und damit könnten sie ja auch wieder entfernt werden. Der
eigentliche Sinn dabei ist ja, eine Markierung einzubringen, die
untrennbar mit den Daten verbunden ist und die dann zum Beispiel
dazu dienen kann, ein Urheberrecht nachzuweisen oder das Stück an
sich zu identifizieren. Es gibt vielfältige Anwendungen. Im
Rahmen von Wedelmusic ist es dafür gedacht, den
Dienste-Anbieter,
den Publisher, den Musikverlag zu identifizieren und auch den
sogenannten Local Distributor, das heißt den lokalen Verteiler,
wie zum Beispiel eine Bibliothek, dessen Identität als zweites
Wasserzeichen eingebracht wird. |
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Bis
zu drei Wasserzeichen kann man nach dem bisherigen Stand der Forschung
verstecken, ohne dass ein Musikhörer das merken würde – jedenfalls bei
komplex instrumentierten Musikstücken. Bei Aufnahmen mit Soloinstrumenten
kann es dann allerdings Probleme geben.
In
der schönen neuen Internetwelt, sollen Musikliebhaber nicht nur Musik
herunterladen können, sondern auch Informationen dazu und sogar die
Noten. Da Notensatz auch heute noch sehr aufwendig ist, soll vor allem das
Fotokopieren von Noten zum Risiko werden. Die heruntergeladenen Partituren
sollen individuell mit feinen Unterschieden in den Notenabständen so
gesetzt werden, dass auch beim wiederholten Fotokopieren die Signatur
nicht verloren geht und Piraterie offenbar werden kann. Diese Veränderungen
werden für ein geübtes Auge zwar sichtbar sein, sollen aber nicht stören.
Die präzise Identifikation des Wasserzeichens soll auch hier nur den
Kennern möglich sein.
O-Ton
4
(Martin Schmucker, Fraunhofer Institut Darmstadt)
Die Suche nach einem Wasserzeichen entspricht der Suche nach einer
Stecknadel im Heuhaufen, nur dass die Stecknadel in viele kleine
Späne verteilt wurde, und
sich quer über den Heuhaufen erstreckt. |
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